Damit der Segen nicht zum Fluch wir

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Datum:
Do. 12. Okt. 2023
Von:
Helga Wassong

 

Gedanken über den so genannten Algorithmus

 

In letzter Zeit stoßen wir immer häufiger auf den Begriff des „Algorithmus“. Was meint er? Wenn wir etwa mit dem Auto in einer 30er-Zone 50 Stundenkilometer fahren, erscheint auf einer elektronischen Anzeigetafel die Bemerkung: „Sie fahren 50 km/h“ und darunter erscheint dann das grimmige Gesicht eines Ampelmännchens. Fahren wir hingegen korrekt, werden wir an dieser Stelle mit einem Lächeln belohnt.

 

Das alles können so genannte Algorithmen bewerkstelligen. Es sind digitale, Schritt für Schritt auszuführende, in einer Computersprache mathematisch ausformulierte Problem- und Lösungsanweisungen. Ihren Namen haben sie von dem persischen Mathematiker und Universalgelehrten Al-Chwarizmi, der im frühen Mittelalter gelebt hat. Sie helfen uns, mit einer riesigen Daten- und Zahlenfülle in Bruchteilen einer Sekunde zurecht zu kommen. Sie sind das digitale Herz jedweder Statistik und meistern im Handumdrehen komplexe Aufgaben und Probleme. Sie regeln unsere komplizierten Ampel-, Alarm- und Sicherheitssysteme und steuern unsere immer differenzierter arbeitenden Maschinen- und Kommunikationssysteme. Vollständig autonomes Autofahren wird in Zukunft Realität werden. Ja, man kann sagen, sie sind heute schon in vielen Bereichen ein wahrer Segen und wir wollen sie eigentlich nicht mehr missen.

 

Die Balance halten

 

Dem Segen aber folgt meistens auch ein Fluch. Ob diese Algorithmen heute und morgen in dem Bereich KI (Künstliche Intelligenz) auch schon unsere Meinung steuern oder nur mitbeeinflussen, ob sie schon unser künftiges Verhalten entscheiden oder nur mitentscheiden, sie färben oder trüben in irgendeiner Weise heute schon und morgen noch mehr unsere persönlichen Freiheits- und Handlungsspielräume. Mit sogenannten „Fakes“ (Falschnachrichten), mit einseitiger oder verzerrter Desinformation machen sie „Stimmung“ und beeinflussen so die öffentliche Meinung. Sie sind allerdings nur so gut und so böse, wie diejenigen, die sie erschaffen und einsetzen. Es wird deshalb ein großes Bemühen aller demokratischen Kräfte des Staates sein müssen, dafür zu sorgen, dass diese intelligenten Mechanismen für uns alle ein Segen bleiben und nicht zu einem Fluch mutieren.

 

Es muss in Zukunft darum gehen, eine Balance zwischen dem Technisch-Möglichen und dem Human-Notwendigen zu schaffen und stabil zu halten. Jeder von uns kann dabei mit seinen Voraussetzungen, Talenten und Fähigkeiten dazu beitragen, das zu stärken und stabil zu halten, was wir das „Menschliche“ nennen: Kreativität, Feingefühl, Achtsamkeit, Nächstenliebe, Gemeinsinn, Tapferkeit und nicht zuletzt eine Gottesverwurzelung. Alles, was Technik vermag, wird uns dann dazu geschenkt werden.

 

Stanislaus Klemm, Diplompsychologe und -Theologe, In: Pfarrbriefservice.de