Das Licht am Ende des Tunnels

Licht (c) Christian Schmitt in Pfarrbriefservice.de
Licht
Datum:
Mi. 9. Dez. 2020
Von:
Alexander Schweikert, Pfarrer

Das Licht am Ende des 
Tunnels…

„Das Volk, das in der Finsternis ging, sah ein helles Licht.“ Mit diesen Worten des Propheten Jesaja aus dem Alten Testament fängt die Lesung des Heiligabend an, die jedes Jahr gelesen wird. Es geht darin um die Ankündigung eines neuen Herrschers und einer neuen Zeit – und zwar einer hellen, wunderbaren, friedlichen Zeit. Alles wird gut! scheint der Prophet Jesaja sagen zu wollen.

Alles wird gut! Das war in diesem vergangenen Jahr oft zu hören und zu lesen. Im Frühjahr hat es in Italien an den Fenstern und Balkonen gehangen, um den Menschen Mut zu machen in der größten und furchtbaren Corona-Krisenzeit dort: „Andrà tutto bene.“ Alles wird gut! Es waren schreckliche Bilder, die uns von dort und überall aus Europa und der Welt erreicht haben im März: verzweifelte Ärzte und Krankenschwestern auf den Intensivstationen, Militärkonvois, die Särge abtransportiert haben. 
Ja, in einigen Teilen der Erde waren sogar ganze Völker, zum Beispiel am Amazonas, vom Aussterben bedroht. „Das Volk, das in der Finsternis ging.“ Solch ein Satz bekommt da eine neue Bedeutung. Ja, die Finsternis war wirklich groß in diesem Jahr, das hinter uns liegt. Und viele haben sich gesehnt nach einem Licht am Ende des Tunnels, nach einer besseren, gesünderen, friedlicheren Zukunft.

Bei uns in Deutschland war die Finsternis, die das Corona-Virus gebracht hat, im Vergleich zu anderen Ländern nicht ganz so finster. 
Aber natürlich: Viel Finsternis gab es bei uns auch. Menschen, die um ihren Job bangen mussten oder ihn gar verloren haben. Menschen, die selbst krank geworden sind oder sich um einen Kranken in ihrer Nähe gesorgt haben. Menschen auch, die um einen verstorbenen Angehörigen oder Freund getrauert haben. 
Und dann ist da auch eine besondere Form von Finsternis in dieser Corona-Krise: die Einsamkeit. Sie hat vielen zu schaffen gemacht. Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln haben dazu geführt, dass wir weniger Menschen getroffen haben als in normalen Jahren. So viele Feste und Veranstaltungen mussten ausfallen. Die Begegnung mit anderen, auch körperliche Nähe, Umarmungen: Die haben vielen sehr gefehlt. Dunkle Stunden, das sind für viele Menschen auch gerade diese einsamen Stunden, in denen sie sich nach anderen Menschen sehnen.

„Ein Licht strahlt auf“, heißt es in der Weihnacht. In der Finsternis und dem Dunkeln, das wir erleben, gerade in diesem vergangenen Corona-Jahr, scheint Hoffnung auf. Ein Licht am Ende des Tunnels sozusagen. Das können wir gut gebrauchen – und wir können es zugleich vielleicht auch manchmal kaum glauben. Wo soll es denn herkommen? Wie kann es jetzt wieder hell werden, in diesen Krisen der Welt und in meinen ganz persönlichen Nöten und Ungewissheiten? Wer weiß: Vielleicht hat das Volk Israel zur Zeit des Propheten Jesaja damals auch schon so gedacht, vielleicht haben es gläubige Menschen vergangener Jahrhunderte immer wieder gedacht: Kann es wirklich wieder heller werden? Kann alles gut werden? Aber dann war da auch immer wieder diese andere Erfahrung: Ja, es wurde, ja, es wird wieder Licht! Es gibt Hoffnung! Es bricht eine bessere Zeit an! Wir können die Krise überwinden, und vielleicht hat Gott dabei sogar seine Finger mit im Spiel. Er schickt uns Hoffnungsträger und Lichtbringer – wie Jesus von Nazareth damals. Es ist ja vielleicht auch kein Zufall, dass wir seine Geburt jetzt in der finstersten Zeit des Jahres feiern, rund um die Wintersonnenwende: Gerade dann, wenn es am dunkelsten ist, schickt Gott ein Licht. „Das Volk, das in der Finsternis ging, sah ein helles Licht.“ Und ich darf mir diese weihnachtliche Hoffnung immer neu schenken lassen aus dieser Zusage und Ankündigung. Gott will es hell machen in meinem Leben, er hat Mitleid mit denen, die in Finsternis sitzen. Er will Licht und Leben in Fülle für jede und jeden von uns.

Gott kann aber nicht nur jeder und jedem Einzelnen von uns Licht schenken. Er will auch, dass wir selbst, jede und jeder von uns, Lichtträger und Hoffnungsträgerin werden. Gott braucht Menschen, die das Licht weiterreichen verantwortungsvoll und sinnstiftend und keine ‚Querdenker‘, die sich in diesen Tagen mit panischem und sinnlosem Getue produzieren. Das ist nur ‚Quer‘ und hat mit ‚denken‘ nichts zu tun. Nein, wenn wir göttliches Licht erleben – und sei es nur ein Funke –, dann sollen wir es weitertragen. Wenn wir Licht am Ende des Tunnels wahrnehmen – dann sollen wir anderen davon erzählen. Wenn wir, gerade in Krisenzeiten, gütig und aufmerksam und friedlich miteinander umgehen, dann kann das Licht Gottes sich ausbreiten. Die Welt kann wirklich heller und freundlicher werden. Ich wünsche uns, dass uns das Licht dieser Heiligen Nacht besonders leuchten und trösten möge – gerade nach diesem Corona-Jahr. Es möge uns verwandeln in Kinder des Lichts.

Das wünsche ich Ihnen und Ihren Familien von ganzem Herzen zum Weihnachtsfest und ich danke für alle Geduld, Besonnenheit und alles Verständnis. Allen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sage ich Dank für Ihr Engagement und Ihre Hilfsbereitschaft. Auch das alles war Licht am Ende des Tunnels…

Ihr

Alexander Schweikert, Pfr.

 


Image: Christian Schmitt
In: Pfarrbriefservice.de