Die Aachener Heiligtumsfahrt 2023

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Datum:
Fr. 19. Mai 2023
Von:
Alexander Schweikert, Pfarrer

 

Seit über 660 Jahren kommen Menschen als Pilger nach Aachen zur „Heiligtumsfahrt“. Ihr Ziel ist die Verehrung von vier Reliquien, die seit der Zeit Karls des Großen als Schatz im Aachener Dom aufbewahrt werden. Der Geschichte nach erhielt Karl die Reliquien um das Jahr 800 n.Chr. als Geschenk aus Jerusalem. Seit 1349 werden die Reliquien alle sieben Jahre den Gläubigen aus dem europäischen Raum und aus aller Welt gezeigt und dazu für den Zeitraum von zehn Tagen aus dem goldenen Marienschrein im Aachener Dom entnommen.
Die Reliquien, das sind alte Stoffe, die bezeichnet werden als:

Das Kleid Marias aus der Nacht, in der Jesus geboren wurde

Das Marienkleid ist eine antike häusliche Webarbeit. Es darf vermutet werden, dass es als Unterkleid genutzt wurde. Es besteht aus naturfarbenem Leinen und ist aus einem Teil ohne Naht gewebt. In Israel gab es Flachs und Baumwolle nur an der Küste und im Tiefland des Jordan, für den alltäglichen Gebrauch wurden deshalb meist Wollstoffe verwendet. 

Die sogenannten Windeln Jesu, mit denen Maria dem Kind Schutz gab

Es ist ein dicker und dicht gewalkter, brauner Stoff, der fast wie ein Filz wirkt und dreifach gefaltet ist. In Aachen erzählt man zu den Windeln Jesu seit langer Zeit, dass diese aus der Fußbekleidung des hl. Josef gemacht worden seien. Die „Botzen des hl. Joseph" seien zu einer Art an drei Seiten geschlossenen „Muff" zusammengenäht worden. Und genau diese Überlieferung weist darauf hin, dass uns die Windeln Jesu vor allem an seine Armut erinnern sollen.

Das Tuch, in das man den Kopf des heiligen Johannes des Täufers nach der Enthauptung barg 

An dritter Stelle in der Reihenfolge der Zeigung der Heiligtümer folgt das Tuch der Enthauptung des heiligen Johannes des Täufers. Als Symbol für seine Treue bis in den Tod wird es verehrt. Der Überlieferung nach soll in ihm das Haupt des Johannes nach dessen Hinrichtung unter Herodes Antipas geborgen worden sein. Das Tuch ist ein fein gewobener Damast. Es zeigt große Flecken (Blutspuren) und weist auch größere Löcher auf, da Teile dieses Heiligtums als Reliquien in andere Zentren des katholischen Glaubens verschenkt wurden.

Und das Lendentuch Jesu, das er am Kreuz getragen haben soll

Das grobe, gräulich-weiße Gewebe, aus dem das Lendentuch Christi besteht, ist wohl einst aus einem größeren Gewand herausgeschnitten worden.
Die Frage, ob Jesus am Kreuz ein Lendentuch getragen habe, ist immer wieder diskutiert worden. Die biblische Leidensgeschichte erwähnt davon nichts, berichtet aber, dass die Solda-ten die Kleider Jesu unter sich geteilt und um den Rock gelost hätten. Und es war sowohl römische, wie auch jüdische Sitte, einem Verurteilten ein Lendentuch zu lassen.

Immer wieder wird die Frage gestellt, ob diese Reliquien echt sind oder ob sie wirklich das sind, was sie bezeichnen. Untersuchungen haben zwar gezeigt, dass diese Stoffe aus der Spätantike stammen; jedoch steht die Frage der Echtheit nicht im Vordergrund. Vielmehr sind der symbolische Gehalt und der Verweis auf die biblischen Erzählungen durch die Tuchreliquien als fühlbarer Bezugs- und Orientierungspunkt für den Gläubigen der eigentli-che Sinn der Verehrung.

Dazu ist für viele Christen die Heiligtumsfahrt seit jeher die Gelegenheit, Gemeinschaft der Gläubigen zu erleben und Glauben neu zu erspüren. Die vier Aachener Reliquien werden dabei als Zeichen der Erlösung durch Jesus Christus gesehen, was Mitte unseres Glaubens ist. 

Mehr als 100.000 Pilger werden auch 2023 den Weg nach Aachen als Weg zum Glauben gehen und das Gemeinschaftserlebnis mit anderen Gläubigen in Aachen finden. Gottesdienste im Dom und auf dem Katschhof laden dazu ebenso ein, wie das umfangreiche Veranstaltungsprogramm.

Die Heiligtumsfahrt 2023 steht unter dem Leitwort „Für wen haltet ihr mich“ (Mt 16.15). Es ist die Frage an alle Christen, wie sie Jesus sehen. Aber es geht nicht nur um das Christusbild, sondern auch darum, wie Menschen sich heute sehen oder gesehen werden wollen und wie sie sich darstellen oder dargestellt werden.