Fastenzeit - Coronazeit

Fastenzeit (c) roccoyxz auf pixabay
Fastenzeit
Datum:
Fr. 5. Feb. 2021
Von:
Alexander Schweikert, Pfarrer

Fastenzeit in Coronazeit? Ja, die christliche Fastenzeit ist auch in diesem Jahr überschattet von den Maßnahmen gegen die Coronakrise. Macht dann freiwilliges Fasten Sinn, wenn man ohnehin schon auf so vieles verzichten muss? War nicht im Grunde die ganze zurückliegende Zeit Fastenzeit?!

Ja, so haben viele von uns die letzten Monate erfahren und haben dabei vielleicht resignierend auf steigende Zahlen ge-schaut und immer gravierendere, sich oft auch widersprechende, Nachrichten hören müssen.  

 

Dennoch bin ich überzeugt, dass Fastenzeit auch in einer solchen Zeit Sinn macht und einen besonderen Sinn hat. Vielleicht geht es dabei weniger um den Verzicht auf Genuss, - das verstehen wir ja oft unter fasten - als vielmehr um eine gedankliche Neuausrichtung, um ein gedankliches Freiwerden von so manchem Ballast, der sich da vielleicht in Kopf und Herz in den vergangenen Monaten angesammelt hat.  Uns ist sehr bewusst geworden im Lauf der Entwicklung, wie wichtig uns Kontakte sind und wie nötig sie Men-schen jeden Lebensalters brauchen. Zwar haben uns technische Möglichkeiten geholfen, uns nicht vollends aus den Augen zu verlieren, aber sie können die persönlich echte Begegnung nicht ersetzen. Des-halb: in der Fastenzeit über die Kostbarkeit meiner menschlichen Kontakte mir neu klarwerden und vielleicht da, wo Miteinander abgebrochen ist - vielleicht auch aus Verärgerung oder Konflikten - mich auf den Weg zu machen zu einem Neuanfang. Fasten hieße dann - Blockaden oder Urteile aus dem Weg räumen und dabei auch eigene Anteile wahrnehmen.  Die lange Zeit der Pandemie war auch geprägt von sprachlicher Aggression und Eskalation, von Rechthaberei und Besserwisserei, von Schuldzuweisungen, -vermutungen und Versagensvorwürfen. Ja, diese ganze Zeit hat viel abverlangt, aber dadurch wurde vieles schlimmer, hat Zugänge verbaut und Atmosphäre genommen.  Fasten hieße dann - ‚Abrüsten‘ in Kopf und Herz und auf das schauen, was gut und gelungen ist.  Und ein Drittes: das kirchliche Leben hat gelitten. Nicht nur geschlossene Kirchen und ausfallende Gottesdienste haben uns das vor Augen geführt, sondern auch zahllose Aktivitäten haben gefehlt und vor die Frage gestellt, wie sich hier Vieles nach einer Entspannung der Lage wiederfinden wird oder weitergehen kann? Sicher muss sich Manches dazu neu finden und orientieren und es täte dann gut, wenn alle - so ihnen das etwas wert ist - mithelfen und mittragen.  Fasten hieße hier - sich gedanklich auf die Frage einzulassen, wo ich als Einzelner oder wir als Gruppe neu aufbrechen und gemeindlichen Zusammenhang mit neuem Leben erfüllen?  Drei Gedanken, die mich am Beginn der Fastenzeit beschäftigen, drei Gedanken, die ich mir für die vor uns liegende Zeit vorgenommen habe. Es wäre schön für mich, wenn Viele daran mitdenken.

 

Ihr Pastor Alexander Schweikert