MISEREOR HUNGERTUCH 2025

Hungertuch 2025 (c) MISEREOR
Hungertuch 2025
Datum:
Di. 11. März 2025
Von:
Alexander Schweikert, Pfarrer i. R.

Anders als bei den zuletzt gestalteten Hungertüchern präsentiert sich uns hier ein ungewohnt realistisches Bild. Protagonisten sind ausnahmslos Kinder verschiedenen Alters und unterschiedlicher Herkunft, die sich auf einer Sandbank oder im Wasser befinden. Neben den Kindern sieht man wenige Tiere, die ebenfalls unterschiedlichen Lebensräumen zuzuordnen sind: der Delphin dem Wasser, der Lemur dem Land und der Storch der Luft. Auffällig ist, dass jeweils zwei Menschen oder Mensch und Tier in Beziehung miteinander stehen. Die Personen scheinen mitten im Wasser ausgesetzt zu sein. Lediglich ein Zelt (wie ein UN-Zelt in Krisengebieten der Erde) und ein Schlauchboot bieten etwas Schutz. Steht das Zelt im Fokus eines Kreuzes, wie es die goldenen Striche am Rand des Bildes vermuten lassen? 

Im Gegensatz zu der linken Bildhälfte, deren Hintergrund einen ruhigen Himmel zeigt, scheint sich im rechten Teil ein Tornado auf die Gruppe zuzubewegen. Ambivalent wie diese beiden Hälften ist auch das Verhalten der Kinder. Sitzen die einen scheinbar gelassen im Schlauchboot und paddeln, so wirkt das junge Mädchen mit dem Baby auf dem Arm überfordert. Das Mädchen am Eingang zum Zelt erhebt warnend seine Hand, während ein zweites sich neugierig vorbeugt.  Aus Erläuterungen der Künstlerin wissen wir, dass sie bewusst Kinder aus verschiedenen Ländern wie Afghanistan, Brasilien, Nigeria, Indien und Europa ins Bild aufgenommen hat. Die Mädchen im Boot sind ihre Enkelinnen. Wie alle auf die Insel gekommen und wie ihre Perspektiven sind, bleibt offen. Ein Hinweis auf Hilfe könnte der Helikopter sein, der vielleicht den schwimmenden Kanister mit Hilfsgütern abgeworfen hat. Ein weiteres Hoffnungszeichen ist ein Storch, der für Geburt und neues Leben steht. 

Wollen wir unseren Lebensraum und den unserer Kinder schützen und erhalten, wollen wir der Zukunft unseres Planeten mit all seinen Geschöpfen eine Chance geben, dann kommt es wesentlich darauf an, dass wir hier und heute verantwortlich mit den Gütern dieser Erde umgehen. Dies kann nur in globaler Solidarität geschehen.  Das Hungertuch zeigt die durch das Konsumverhalten der Menschen, politisches Zögern und Fehlentscheidungen bedingten Bedrohungen auf. Es erinnert an die Verantwortung, die wir alle für die Schöpfung tragen. Es deutet aber auch auf die Chancen hin, die uns gegeben sind: Auf dem Hungertuch sind die uns zur Verfügung stehenden Ressourcen, die das Fundament eines menschenwürdigen Lebens bilden, dargestellt: Bewohnbares Land, frisches Wasser, saubere Luft, nachhaltige Energien und menschliche Geborgenheit. Es regt an, über den verantwortungsvollen Umgang mit diesen Basisressourcen nachzudenken. Es motiviert, im Sinn des Mottos „Liebe sei Tat“ Handlungsperspektiven zu finden und zu unterstützen.

Und dazu will auch dieses Bild uns anrufen, mit unserem Beitrag für Misereor am 5. Fastensonntag einen spürbaren Beitrag zu geben.

Ihr Alexander Schweikert, Pfarrer i. R.