Dieses Bild des Pfingstgeschehens unterscheidet sich von den gängigen bildlichen Darstellungen dieses Festes und seines Geschehens. In der Apostelgeschichte der Bibel heißt es: Als der Tag des Pfingstfestes gekommen war, waren alle zusammen am selben Ort. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daher fährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Und alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt…. (Apg 2, 1-4)
Hier aber kommt das Geschehene der Sendung des Geistes eben nicht - wie sonst üblich - von oben herab; hier scheint der Geist schon mitten unter den Jüngern. Der goldene Hintergrund des Ereignisses symbolisiert den Raum, den Ort Gottes, in dem sich nun das erfüllt, was Jesus seinen Jüngern bereits versprochen hatte: Vor seinem Fortgang verspricht Jesus den Jüngern, dass Gott ihnen einen »anderen Beistand« schicken wird. Dieser Beistand ist der Heilige Geist. Seine Aufgabe wird es sein, die Jünger an alles zu erinnern, was Jesus gesagt hat. Er erschließt ihnen, was die Worte Jesu für ihre gegenwärtige Situation bedeuten, und macht sie dadurch fähig, hinauszugehen in alle Welt (Joh 14,16ff). Der rot gefärbte Mittelpunkt ist dieser Geist selbst, der strahlend zu jedem der Versammelten hin ausstrahlt. Und ganz am Ende der Strahlen finden sich Fackeln, die dazu einladen, sie zu nehmen. Einige der versammelten Jünger halten dieses von Gott Geschenkte bereits in den Händen, so als ob sie es nun hinaustragen wollen in die Welt. Das haben die Jünger getan.
Diese Darstellung aber ist nicht Erinnerung an einmal Geschehenes. Wo auch immer Christen sich bis heute im Namen Jesu und um ihn herum versammeln, wo sie in seinem Namen handeln, das ihnen Anvertraute gestalten, ist Gottes Geist mit und unter ihnen:
Der Geist der Umsicht, der nicht nur den Augenblick kennt, sondern mit dem Vergangenen vertraut ist und das Zukünftige im Blick hat. Der Geist der Klarheit, der zwischen Wesentlichem und Unwesentlichem zu unterscheiden vermag. Der Geist der Demut, der weiß, dass er vom göttlichen Geist umfangen ist. Der Geist der Fairness, der den Schwächeren nicht ihre Lebenschancen nimmt. Der Geist des rechten Maßes, der die Ansprüche nicht über das Ziel hinausschießen lässt. Der Geist des Mitseins, der dem Leben des anderen zuträglich ist. Der Geist der Freude, der nach der Freude Ausschau hält, aus ihr lebt und sie verbreitet. Der Geist der Stärke, der den Mut in schwierigen Lebenslagen nicht verlieren lässt. (Nach Norbert Mothes)
In diesem Sinn wünsche ich uns allen - trotz aller Einschränkungen dieser Zeit - ein frohes und gesegnetes Pfingstfest!
Ihr Pastor Alexander Schweikert, Pfr.
Bildnachweis: Pfingsten Salzburger Perikopenbuch um 1020, © Bayerische Staatsbibliothek München