Die neue Scholz - Orgel an St. Bartholomäus

Die Entstehung

In seinem Gutachten vom 14. November 2007 stellte der Orgelsachverständige des Bistums Aachen zur Situation des alten Instrumentes der Kirche fest:

Nach meiner Auffassung ist es nicht sinnvoll, größere Beträge in die Instandhaltung der alten Orgel zu investieren. Theoretisch sind zwar Reparaturen und kleinere Umstellungen im Instrument möglich. Damit wäre aber erst ein Problem relativ kostspielig verkleinert. Eine anzustrebende Remechanisierung der Spieltraktur käme fast einem Neubau gleich und ist bei der mäßigen Klangqualität der Orgel nicht zu verantworten.
Normalerweise wäre bei dem Verschmutzungsgrad der Orgel auch eine Grundreinigung geboten. Die Ansprache und die Stimmbarkeit der Pfeifen würden sich verbessern. Auch diese Investition ist angesichts der Tatsache zu prüfen, da das grundsätzliche Problem der Orgel, insbesondere die der elektrifizierten Spieltraktur, dadurch nicht behoben wird.
Ich rate der Kirchengemeinde St. Bartholomäus unbedingt, längerfristig auf ein neues Instrument hinzusparen.

 

Am 13. März 2008 fasste der Kirchenvorstand der Pfarre nach intensiver Prüfung der vorgelegten Expertise den Entschluss, den Neubau einer Orgel anzugehen. Er berief dazu einen Orgelbauausschuss, der sich aus Mitgliedern der Gremien, der Förderer der Kirchenmusik, dem Kantor sowie dem Pfarrer zusammensetzte. Zu seinen wesentlichen Aufgaben gehörten die Planungen zu begleiten, die Öffentlichkeitsarbeit zu steuern sowie die Spendenaquise.

Der Ausschuss nahm umgehend seine Arbeit auf und ermittelte in Zusammenarbeit mit Vertretern des Bischöflichen Generalvikariates Aachen sowie der unteren und mittleren Denkmalbehörde mögliche Standorte, die für die Aufstellung eines entsprechenden Instruments in Frage kommen, da ein Neubau am Ort des alten Instrumentes nicht beabsichtigt war. Nach Abbau der Alten Orgel soll hier auf der Orgelbühne ausreichender Raum für den 80 Personen umfassenden Kirchenchor entstehen. Bereits zur Mitte des Jahres wurde deshalb einstimmig der Ort in der Mitte der Kirche im Schnittpunkt zwischen dem älteren Teil der Kirche und dem 100 Jahre alten Erweiterungsbau. Eine neue Orgel an diesem Ort würde somit eine moderne Klammer zwischen beiden Gebäudeteilen bilden.

 

Die Planung

Seit Beginn der Planungen hat der Orgelbauausschuss zwecks Erstellung einer entsprechenden Disposition sowie einer Modellgestaltung mit dem Orgelbauer Martin Scholz und dem Architekten Herrn Prof. Dr. Heinz Döhmen zusammen gearbeitet.

Das Instrument sollte 22 klingende Register umfassen und wesentlich nach englischen und französischen Vorbildern gestimmt sein. Der Prospektaufbau sollte die Formensprache des Raumes aufnehmen und möglichst transparent wirken. Ebenso sollte das Instrument - als eine einzigartige Zusatzgestaltung - mit einem bespielbaren Gong versehen werden.

 

Das Instrument ist in drei Werke gegliedert:

Hauptwerk
Schwellwerk
Pedal

Das Hauptwerk befindet sich über der Spielanlage hinter den Prospektpfeifen.
Die Register des Schwellwerks werden hinter dem Hauptwerk etwas erhöht platziert. Der Schwellkasten wird aus sehr dickwandiger Tanne-Fichte (ca. 6 cm) hergestellt und ist nach drei Seiten hin zu öffnen. Dadurch wird ein sehr dynamisches Klangbild mit einer hohen Eigenresonanz erreicht.
Das Pedalwerk befindet sich hinter dem Schwellwerk und bekommt seitlich einen Holzpfeifenprospekt (Register Violonbass 16') und kann sich dadurch transparent im Raum entfalten.
Die Windversorgung für die gesamte Orgel befindet sich unter dem Pedalwerk. Drei übereinander liegende Faltenbälge liefern an die einzelnen Windladen, die jeweils mit unterschiedlichen Winddrücken arbeiten, ausreichend Luft.
Im Bassbereich kann das Instrument dadurch mit weniger Winddruck als im Diskant arbeiten. Somit wird es möglich in charakteristischer Weise, viele unterschiedliche Musikrichtungen erklingen zu lassen.

Die Disposition

I. Manual Hauptuterk C- g³
1. Bordun 16'
2. Principal 8'
3. Holzflöte 8'
4. Salicional 8'
5. Octave 4'
6. Rohrflöte 4'
7. Quinte 2 2/3'
8. Superoctave 2' Vorabzug aus Mixtur 2' mit eigenem Registerzug
8.a Mixtur V 2'
9. Cornet V 8' ab c' / für einen späteren Einbau vorgesehen
10. Trompete 8'
11. Horizontal-Trompete 8'

ll. Manual Schwellwerk C- g³
12. Rohrflöte 8' Holz/Metall
13. Gambe 8' C-H Holz offen ab c Zinn
14. Vox coelestis 8' ab c
15. Traversflöte 4'
16. Sesquialtera 2f 2 2/3' + 1 3/5'
17. Octavin 2'
18. Larigot 1 1/3'
19. Klarinette 8' für einen späteren Einbau vorgesehen
20. Fagott-Oboe 8'
Tremulant

Pedal C - f' Transmissionslade (+12 Töne)
21. Violonbass 16' in Holz / Außenprospekt
21a.Oktavbass 8'
22. Subbass 16'
22a.Gedacktbass 8'
23. Octave 4'
24. Posaune 16'
24a.Posaune 8'
Koppeln
I/P II/P II/I II4'/P II16'/I Sub II16'/II

Gong mit Fußtritt

Windversorgung
Freie Windversorgung
Magazinbälge für die Manualwerke
Ladenbälge für das Pedal

 

Die Realisierung

Der Bau des reinen Instruments war auf eine Summe von 417.000€ veranschlagt, die einzuwerben waren. Mit einer Auftaktveranstaltung zum Patronatsfest und zum 100-jährigen Jubiläum der Erweiterung der Kirche im Jahr 2009 begann die Arbeit. Neben einer sehr bald eingegangenen Großspende von 100.000€, wurden die Pfarrangehörigen auch aus Anlass besonderer familiärer Anlässe um Spenden gebeten. Im Mai 2010 warb der Ausschuss mit der Aktion „1000 x 1€" um 1000 Spender, die bereit waren, jeden Monat einen Betrag von mindestens 1 Euro oder mehr zu spenden. Auch ein Verkauf eines ‚Orgelweins' wurde aufgelegt. Im Jahr 2011 folgte eine weitere Spendenwerbung in Form der ‚Orgelpfeifenpatenschaft', mit der jede einzelne der 1.400 Pfeifen oder auch ganze Gruppen oder Register auf den Weg gebracht wurden.

Nachdem im Dezember 2012 der Betrag von 225.000€ erreicht war, bestellte der Kirchenvorstand das geplante Instrument. Zu den nun beginnenden Arbeiten und ihrem Fortgang verweisen wir auf die ausführliche Darstellung der Internetpräsenz des Orgelbauers - http://www.orgelbau-scholz.de/st.-bartholomaeus,-niederkruechten.html

Im März 2016 begann dann - nachdem das Holzleimbau Unternehmen Derix die Orgelbühne geplant, eingebaut und gespendet hatte - der Aufbau und die Intonierung des Instruments, die im Mai abgeschlossen werden konnte.
Am 16. Mai 2016 weihte Weihbischof Karl Borsch - damals auch in der Aufgabe des Diözesanadministrators - in einem festlichen Gottesdienst die Orgel. Durch weitere Spenden, Kollekten und den Verkauf des Altinstruments, konnte Anfang 2017 auch die Finanzierung abgeschlossen werden.

 

 

Abnahmebericht des Orgelsachverständigen des Bistums

 

Die Orgelbaufirma Scholz hat mit diesem Instrument bewiesen, dass sie auf höchstem
handwerklichem Niveau arbeitet. Die Traktur ist sehr leichtgängig und ermöglicht somit ein
extrem sensibles Spiel.
Die intonatorischen Leistungen des Orgelbauers sind besonders hervorzuheben. Die
Qualität der Orgel macht sich insbesondere an der hohen musikalischen Ausdruckskraft
der Einzelregister, im besonderen Maße der Flötenstimmen, fest.
Die Orgel klingt trotzt der zentralen Stellung in der Kirche nie aufdringlich. Das Plenum ist
glänzend, ab nicht zu scharf. Durch die verschiedenen Koppeln und Subkoppeln ergeben
sich zudem vielfältige Klangkombinationsmöglichkeiten.
Eine Besonderheit dieser Orgel liegt in dem im Prospekt eingearbeiteten Gong, der die
Orgel - insbesondere in Kombination mit den Orgelstimmen - um eine weitere
Klangebenen erweitert.

Die Abnahme der Orgel erfolgt somit ohne Beanstandung.

Mit der nun fertiggestellten Kirchenorgel besitzt die Kirchengemeinde Niederkrüchten ein äußerst wertvolles Instrument, dass die Orgellandschaft im Bistum Aachen sehr bereichert. Möge es zur Ehre Gottes möglichst lange erklingen.

Geilenkirchen, den 18. Juni 2016

Bernd Godemann
Orgelsachverständiger des Bistums Aachen

Orgel (c) KKG Niederkrüchten